„Wir stehen unmittelbar vor einem der größten Umbrüche in der Menschheitsgeschichte. (…) Die digitale Transformation übertrifft alles Dagewesene an Entwicklungen hinsichtlich Schnelligkeit, Reichweite und systemischer Wirkung“, schreiben Matzler, Ballom et al in ihrem Buch „Digital Disruption“ (2016, S. 13). Cloudtechnologien, künstliche Intelligenz, 3D Printing, Sensorik oder Robotik werden in vielen Branchen zu vollkommen neuartigen Produkten und Dienstleistungen führen. Arbeitsplätze werden in großem Stil verschwinden. Innerhalb der OECD geht man davon aus, dass 57% aller Jobs durch die Digitalisierung obsolet werden (Frey 2015).
Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz
Selbstverständlich werden in der digitalen Transformation neue Jobs entstehen – aber für wen und in welcher Form? Zunehmende Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz (VUKA) setzen das, was einmal gut und teuer war, außer Kraft. Sie führen dazu, dass auf Vernunft basierte Strategien unzulänglich werden. Die VUKA Welt von heute verlangt nach neuen Bewältigungsstrategien. In Zeiten, in denen uns Ursache-Wirkungsbeziehungen bekannt waren, konnten wir auf Informationen und Erfahrungen zurückgreifen, um gute Entscheidungen treffen zu können. Das funktioniert heute nicht mehr. So versuchen wir mit Hilfe kreativer Methoden Wirklichkeiten zu konstruieren, die das uns Naheliegende übersteigen. Der Blick zurück auf bereits gemachte Erfahrungen ist nicht mehr ausreichend. Vernunft alleine ist kein adäquates Mittel mehr um Entscheidungen zu treffen oder Lösungen zu finden. Zunehmende Komplexität erfordert neue Strategien und Visionen.
Die neue Metastrategie um mit dem hohen Maß an Komplexität und Unsicherheit zurechtzukommen, ist für viele Experten Agilität. Es wird davon ausgegangen, dass die vorherrschende Unsicherheit eine hohe Beweglichkeit bzw. Anpassungsfähigkeit an sich ständig verändernde Voraussetzungen und Annahmen verlangt. Beweglichkeit ist dabei sowohl hinsichtlich des Kontexts und Inhalts (was tue ich) als auch hinsichtlich der Arbeitsweise (wie tue ich es) gefragt. Darüber hinaus ist Agilität weder ausschließlich reaktiv noch proaktiv zu verstehen – je nach Situation ist auch diesbezüglich Anpassung gefragt.
Innere Stabilität und Selbstkompetenz
Führung und generationenübergreifende Teamarbeit können unter diesen Umständen nicht mehr nach dem simplen „Ober Sticht Unter – Prinzip“ erfolgen und Teams werden sich immer öfter selbst organisieren müssen, um sich den ständig verändernden Anforderungen auch proaktiv anpassen zu können. Agile Teams, die sich immer wieder neu formieren und organisieren, könnten demnach tatsächlich eine mögliche Antwort auf VUKA darstellen. Sie brauchen dazu aber vor allem eines: INNERE STABILITÄT! Und diese Stabilität entpuppt sich als SELBSTKOMPETENZ des einzelnen Teammitglieds.
Wer also agil und leistungsstark werden will, braucht ein Selbstkompetentes ICH, das ihn mit den dafür notwendigen Kompetenzen ausstattet (vgl. Würzburger Kompetenzmodell). Diese persönlichen Kompetenzen sind nach meinem Modell: Intrinsische Motivation, Selbstwahrnehmung, Selbststeuerung, Umsetzungskompetenz und Entscheidungsfähigkeit. Diese Schlüsselkompetenzen „Key Skills“ zeichnen den selbstkompetenten, agil arbeitenden Menschen aus (HOMO AGILIS).
Stabil im digitalen Zeitalter
Um aber im digitalen Zeitalter im VUKA-Kontext stabil zu bleiben und in Teams erfolgreich, agil arbeiten zu können, bedarf es noch zusätzlicher (sozialer) Kompetenzen. Diese Fähigkeiten sind notwendig, um ein HOMO AGILIS auch im digitalen Zeitalter bleiben zu können. (HOMO DIGITALIS) Es handelt sich hierbei um die sozialen KompetenzenKommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit und Vertrauensfähigkeit. Sie beeinflussen das Miteinander im agilen Kontext wesentlich und sind Grundvoraussetzungen dafür, um langfristig auch zu VUKA-Zeiten erfolgreich agieren und Erfüllung im Beruf erreichen zu können.
Junge Generationen (Y und Z ab 1990 Geborene) kommen… und vertreten das, was man heute als agil versteht. Dementsprechend fällt es diesen Generationen wesentlich leichter, Agilität im Arbeitsleben zu leben. Sie müssen sich nicht anpassen. Im Gegenteil: Sie sind es, die diese Arbeits- und Lebensweise entscheidend mitgestalten. Sie wollen Agilität, weil es sie in ihrem Bestreben nach Glück und Sinnerfüllung unterstützt.
Agilität für wirtschaftlichen Erfolg
Arbeitgeber passen sich den Forderungen der jungen Menschen an und handeln dabei – wie auch die Vertreter der jungen Generationen – eigenoptimiert. Unternehmen brauchen die Kompetenz, das Wissen, die Fähigkeiten, die Kreativität, das Innovationspotential und die Loyalität dieser jungen Menschen, um betriebswirtschaftlich erfolgreich zu sein. Sie sind auf die Leistungsfähigkeit dieser jungen Menschen angewiesen. Damit ist Agilität nicht das eigentliche Ziel, sondern Mittel zum Zweck – dem Zweck, wirtschaftlich erfolgreich zu sein.