Eine Generation von Nachfahren oder echten Erben?
Ihre Mitglieder machen gerade den Führerschein, die Matura oder die Lehrabschlussprüfung. Sie haben den Arbeitsmarkt noch nicht richtig betreten, schon aber möchte man sie in ersten Studien ergründen, ihr Potenzial abschätzen, die Gefahren kennen und endlich wissen, ob sie es nun sein werden, die unseren Planeten retten, dem gnadenlosen Kapitalismus den Kampf ansagen und unsere Welt zu einer besseren machen: die Generation Z. Geboren nach 1995 sind sie Nachfolger der Generation Y, einer Kohorte, die viel diskutiert wurde und der ich mein letztes Buch widmete. Als zahlenmäßig große Generation, in Amerika macht ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung bereits über 25 % aus, haben Unternehmen schon längst ein wachsames Auge auf sie geworfen. Die Generation Z wird sehnsüchtig erwartet – nicht nur als Weltverbesserer, sondern auch als Arbeitskraft und Konsument.
„Die Z-ler wollen geregelte Arbeitszeiten, unbefristete Verträge und klar definierte Strukturen im Job haben“, sagt Christian Scholz, Arbeitsweltexperte der Universität des Saarlandes. Er forscht genauso wie Klaus Hurrelmann schon seit mehreren Jahren über sie. Auch Hurrelmann erkennt das Bedürfnis dieser Generation nach Struktur, weist aber auch auf die Notwendigkeit hin, dieser Generation Mitbestimmung und Eigenbeteiligung einzuräumen, will man sie langfristig im Unternehmen halten. „Wir bekommen eine hochsensible junge Generation, die alles blitzschnell aufnimmt und erfasst und enorm multitaskingfähig ist“, so Hurrelmann, „dann aber auch nicht mehr so konzentriert ist, sich schnell ablenken lässt und ein kurzes Durchhaltevermögen besitzt.“ Sie sind die ersten Digital Natives, ob ihnen ihre Anwendungskompetenz in der digitalen Welt allerdings noch Wettbewerbsvorteile bringen wird, ist fraglich.
Ist die Zeit für eine profunde Analyse dieser jungen Generation zwar noch zu früh, so schärfte auch mein intensives und interessiertes Beobachten dieser Generation das Bild einer Kohorte, die vielschichtig ist, in vielen Dingen ihren Vorgängern, der Generation Y ähnelt, allerdings auch Eigenständigkeit mit sich bringt. Insofern teile ich auch die Einschätzungen der Experten.
Ich möchte sie als die „Ja, aber – Generation“ zusammenfassen. Übersetzt man ihr britisch betontes Label „Z“ ins Lateinische, bedeutet „sed“ „aber“.
Nachfolgend möchte ich ein paar wichtige Punkte anführen, um diese These zu untermauern:
Die Z-ler sagen offenbar gerne
– JA zu Strukturen, ABER nur mit dem nötigen Maß an Eigenverantwortung und Mitbestimmung.
– JA zu Sinnhaftigkeit, ABER nur, wenn sie persönlich davon profitieren.
– JA zu intensiver Arbeit, ABER nicht am Wochenende.
– JA zu Engagement, ABER nur solange es für sie persönlich passt.
– JA zu erstklassiger Ausbildung und lebenslangem Lernen, ABER nicht für eine klassische Karriere.
– JA zu Wohlstand, ABER kein Prasser- und Verschwendertum.
– JA zu Leistungsbereitschaft, ABER nicht wenn es mit anstrengendem Durchhalten zu tun hat oder gar auf Kosten ihrer Gesundheit geht.
Meine Beobachtungen und viele Prognosen lassen demnach auf eine selbstbewusste, aufgeklärte und kompromisslose Generation schließen. Aufgewachsen in Familien, die ihren Kindern bereits im frühen Alter Mitsprache gewährten und sie in ihrem Selbstbewusstsein stärkten, sind junge Z-ler in ihrer Persönlichkeit häufig gefestigter als es die Babyboomer (1946-1964 Geborene) und die der Generation X Angehörigen (1965 bis 1979 Geborene) in diesem Alter waren. Gleichsam prägend dürfte die Weltwirtschaftskrise für diese Generation gewesen sein, die sie in Form von Eltern in Kurzarbeit, geringerer Kaufkraft oder unerfüllbaren Wohnträumen miterlebt hat. Z-ler scheinen zu wissen, dass vermeintliche Sicherheiten plötzlich keine mehr sein können und es im Endeffekt auf sie und ihre Kompetenzen ankommen wird.
Ja, aber werden sie die sein, die wir uns erhoffen?
Noch scheint nicht geklärt, ob sie nur Nachfahren oder wirkliche Erben werden. Auch wenn wir unseren Nachlass an unsere Kinder und Enkel vererben, erhoffen wir, dass sie uns nicht nur nachfahren sondern im Sinne des Erbens, etwas gestalten, aufbauen, etwas aus dem Hinterlassenen / der Hinterlassenschaft kreieren.
Liebe jungen Leute, belehrt mich eines Besseren und kehrt meine Sorgen zu berechtigten Wünschen um!
Ich möchte keine kritiklosen Ja-Sager und energielose Bedenkenträger als Nachfahren erleben, sondern eine Generation von Erben, die kritisch hinterfragen und Hinterlassenes kreativ weiter entwickeln kann.
Im Sinne eines gesunden „Ja zur Zukunft“, aber mit kritisch hinterfragendem Geist.