Krisen und ihre Konsequenzen (Auszüge aus dem Buch Key Skills für die Generation Y, Kapitel 2 Arbeit im Wandel)
Die Zeit der Krisen war zur Jahrtausendwende noch nicht gekommen. Sie kam erst später. Dann traf sie uns aber richtig.
Wir Aktiven der Generation X und viele Babyboomer spürten zwar die aufkommende Dynamik und zunehmende Unsicherheit, viele von uns waren aber noch in ihrer Grundhaltung auf Planbarkeit und Sicherheit programmiert. Wir waren noch auf kontinuierlichen Aufschwung und konservative Vermögensmehrung eingestellt. Der Gedanke der Vermögensmehrung wurde um die Jahrtausendwende zum Megaproblem. Befeuert durch Internet und mobile Telefonie entstanden Phantasien in den Köpfen von Investoren, Unternehmern und Angestellten, die mit gesundem Wirtschaften nichts mehr zu tun hatten. Die Internetblase platzte. Die Entwicklung holte uns ein. Das sichere, planbare Denken im beruflichen Umfeld war weggebrochen und unsere Organisationen waren auf Krisenfestigkeit nicht wirklich vorbereitet. Viele von uns wollten an der boomenden Entwicklung teilhaben und verloren letztlich viel Geld. Sogar viele Traditionalisten hatten an diesem Hype Gefallen gefunden und viel Erspartes verspielt.
Wer 2009 den Wirtschaftsteil einer Zeitung aufschlug, fand folgende meistgeschriebene Worte: „Krise, Not, Talfahrt, unter Druck“. Es war die Zeit der globalen Banken- und Finanzkrise, die im Sommer 2007 als US-Immobilienkrise begann. Im Frühjahr 2015 waren die meist gelesenen Worte „Griechenland“, Grexit, Schuldenkrise. Das Krisenjahr 2015 gipfelte dann mit dem Exodus von Flüchtlingen aus den Krisengebieten und der Überforderung der politischen Elite in Europa.
Wirtschaftliche Krisen dieses Ausmaßes können uns überfordern. Und sie überfordern Organisationen. Sie beeinflussen ganze Generationen nachhaltig. Sie sind nichts Abstraktes, sondern konkret und wirken unmittelbar auf uns. Sie können plötzlich und für viele unerwartet auftreten. Ökonomische Krisen treffen uns somit auch persönlich und sie machen vor unserer Arbeit nicht Halt.
Für uns Aktive war diese Entwicklung nicht immer einfach. Nicht jeder konnte sich schnell genug verändern und anpassen. Krisen können Menschen, die auf Bewahren und Planen ausgerichtet sind, absolut aus der Bahn werfen. Viele Babybommer traf diese Zeit der wirtschaftlichen Unruhen besonders schwer. Neben der zu beklagenden Arbeitslosigkeit in vielen Ländern Europas, lösten diese Veränderungen bei vielen aktiven Babyboomern massive Ängste, Stress und Sorgen aus. Plötzlich wurden diese Menschen mit Unsicherheiten konfrontiert, die sie vorher nie kannten. Diese Situation ist nach wie vor brisant und sehr ernst zu nehmen und gerade für die älteren der berufstätigen Babyboomer-Generation leider auch immer wieder gesundheitsschädigend. …
Was die neue Arbeitswelt für die einen ist, ist für die Ypsiloner gelebte Realität
Ihr Ypsiloner bildet die erste Kohorte, welche die beschriebenen Veränderungen von Kindes- und Jugendalter an, erleben konnte. Als die ersten Digital Natives seid ihr es gewohnt mit Internet und PC zu arbeiten, mit modernen Medien zu kommunizieren und globale Vernetzungen zu „leben“. Grundsätzlich scheint ihr wohl gut gewappnet für die veränderte Umwelt zu sein. Ein relativ hohes Ausmaß an Flexibilität und viel Offenheit für neue Herausforderungen zeichnet euch junge Menschen aus.
Ihr Ypsiloner bewegt euch in diesen dynamischen Zeiten sehr gekonnt, ihr bewegt euch allerdings auf dünnem Eis. Schon rund 25% der deutschen Bürger eurer Altersgeneration arbeiteten zumindest zeitweise als Freelancers. Sicherheitsnetze vergangener Zeiten sind euch unbekannt. Konjunktureinbrüche und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zwingen euch Jungbürger regelrecht zu ICH AGs und führen zu prekären Arbeitsverhältnissen. Exorbitant hohe Schulden vieler Länder Europas lassen auch die kühnsten Optimisten verstummen, dass Eure Generation eine langfristige Absicherung im Sinne von Renten vergangener Jahrzehnte erhalten werde. Diese Grundstimmung hat Auswirkungen auf euer Konsumverhalten. Die einst beliebte Sparquote gehört heute der Vergangenheit an. Schnelle Befriedigung von Bedürfnissen steht im Mittelpunkt des Interesses. Wen wundert dieses Verhalten, wenn doch der Generationenvertrag schon längst von den älteren Mitbürgern ad absurdum geführt wurde und die Verschuldung von euch nur sehr schwer zu schultern sein wird.
Dies hat oft sehr negative Auswirkungen auf junge Menschen. In europäischen Ländern mit groben wirtschaftlichen Problemen wie beispielsweise Spanien, Italien und Frankreich ist neben der enormen Verschuldung leider immer noch eine enorm hohe Jugendarbeitslosigkeit zu beklagen.
Hier ist guter Rat für Ypsiloner teuer. Was tun als junger Mensch, der sehr schwierige, wirtschaftliche Rahmenbedingungen in seinem Heimatland vorfindet? Love it, Change it or leave it? Der vor kurzem aus der Taufe gehobene Youthonomics Index 2015 rät eindeutig zu Letzterem, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für junge Leute nicht mehr passen. Veränderungen in einem eingefahrenen, politischen Wirtschaftssystem herbeizuführen, sind auch den ambitioniertesten jungen Menschen nicht abzuverlangen. Es erscheint also auch absolut legitim in diesen Zeiten woanders sein Glück zu finden. Es handelt sich hier um eine „Flucht“ im wirtschaftlichen Sinne, die aber durchaus zum Selbstschutz gereicht. (Youthonomics, 2015)
Dennoch sehe ich Flucht, auch wenn sie noch so gut nachvollziehbar sein mag, als den letzten Ausweg. Weder blindes Vertrauen auf eine solide wirtschaftliche Entwicklung, wie es viele Traditionalisten und Babyboomers hatten, noch Fluchttendenzen, wie sie immer öfter Ypsilonern aus ärmeren Ländern angeraten werden, können als das einzig, probate Mittel erachtet werden. Im Vergleich dazu habt Ihr Ypsiloner aus reicheren Ländern, wie bspw. dem wohlhabenden, deutschsprachigen Teil Europas, Glück. Die Frage nach Flucht stellt sich für euch nicht, allerdings seid ihr auch gefordert. Auch in euren Ländern verändern sich die Rahmenbedingungen für Arbeit.
Es klingt paradox, aber je vernetzter und dynamischer die euch umgebende Welt sein wird, desto eher werdet ihr als individuelle Persönlichkeiten in der Arbeitswelt erfolgreich sein, die Selbstkompetenz ausstrahlen, um Veränderungen zum kollektiv Besseren bewirken zu können. Um das erreichen zu können, werdet auch ihr nicht umhinkommen, an euch selbst und eurer Selbstkompetenz zu arbeiten.