Überforderte, orientierungslose  Arbeitskräfte, Chaos in Unternehmen, stagnierendes Wirtschaftswachstum – warum hält das agile Wunderwerk nicht, was es verspricht? Ist es nur das agile Mindset, das uns fehlt oder basiert die agile Grundidee auf einer Reihe von Annahmen, die schlichtweg falsch sind? 

Wo hinkt es bei der Agilität?

„Dann ist es mit der Agilität vorbei!“ sagte der Bestsellerautor Ulf Brandes kürzlich auf einer Veranstaltung für neue Arbeitsweisen. Geht es nach Brandes braucht es ein Mindset, das agiles Verhalten unterstützt, um das, was agile Frameworks und Strukturen versprechen, auch Realität werden zu lassen. Dass dieses fehlende Mindset wirklich zum Stolperstein für viele ehrgeizige Agilitätsbestrebungen wird, zeigten die Diskussionen auf dieser Veranstaltung. Längst standen nicht mehr Fragen nach den effizientesten Methoden oder umsetzbarsten Organisationsmodellen im Vordergrund, sondern Fragen wie: Was tue ich, wenn meine Leute gar nicht selbstorganisiert arbeiten wollen oder das Management die Transformation zwar grundsätzlich unterstützt, in Wirklichkeit aber alles beim Alten bleibt?“

Alles beim Alten in der Agilitätsblase

Naja, dann müssen wir wohl erkennen, dass irgendwo etwas schiefgelaufen ist. Vielleicht war es doch nicht so zielführend, dass wir zwar wirklich den Menschen in den Mittelpunkt stellen wollten – aber nicht, um ihm Weiterentwicklung und Potentialentfaltung zu ermöglichen, sondern um ihn als Ressource besser nutzen zu können. Weil er dann vielleicht motivierter und damit leistungsfähiger wäre. Weil der dann seine unternehmerischen Fähigkeiten doch für das Unternehmen und nicht für den aufstrebenden Fußballclub seines Sohnes einsetzen würde. Kurzfristig haben die Tischfußballtische in der Cafeteria, die Barrista-Frühstücks und die Du-Kultur auch wirklich etwas bewirkt. 

Der Zauber des Beginnens scheint allerdings in vielen Unternehmen bereits am Verblassen. Zurückbleibt ein hohles Framework und eine Arbeitskultur, die exakt jener entspricht, die wir hatten, bevor wir alle agile wurden.

Fehlt es wirklich am agilen Mindset?

Aber ist wirklich nur das agile Mindset das fehldende Rädchen, das fehlt, um den Turbomator Agilität zum Laufen zu bringen? Daran glaube ich nicht. Selbstverständlich braucht es die Investition in die persönlichen Kompetenzen von Menschen, um agiles Arbeiten überhaupt möglich zu machen.

 Lassen Sie uns nicht vergessen: Agiles Arbeiten ist reifes Handeln! 

Es verlangt Verantwortung, Motivation und Engagement, Umsetzungskompetenz, Durchhaltevermögen, Kommunikationsfähigkeit, Beziehungsfähigkeit und Reflexions- und Kritikfähigkeit. Die wenigsten von uns schütteln diese Kompetenzen einfach so aus dem Ärmel. (Mehr zu dem Thema, was agile Umsetzer brauchen, lesen Sie hier).

Entidealisiert euch – endlich!

Was die ganze Agilisierungsbewegung  vor allem braucht ist eine Entidealisierung! 

Eine Abkehr von diesem Irrglauben, dass wir nur flexibler und schneller werden müssten, und schon wäre wieder alles im Lot. Eine Rückbesinnung auf Stabilität und ein Erkennen, dass es nicht durch und durch fluide Strukturen sind, die uns flexibel machen, sondern ein stabiler Kern. Ob in unserer Persönlichkeit oder in unseren Unternehmen – versäumen wir es unseren ureigenen Bedürfnissen nach Sicherheit und Zugehörigkeit nachzukommen, wird Flexibilität zur Orientierungslosigkeit und zum Chaos anstatt zur angstrebten Anpassungsfähigkeit führen. Hören wir nicht bald damit auf, Agilität als die einzig wahre Coping-Strategie für die VUKA-Welt zu proklamieren, dann werden wir nicht ihre Herausforderungen besser bewältigen, sondern im Gegenteill: die Volatilität, die Unsicherheit, die Komplexität und die Mehrdeutigkeit unserer Welt verstärken und beschleunigen! 

WÜRZBURGER’s FAZIT

Agilität alleine ist nicht das Rezept unserer Zeit, um Menschen erfolgreich zu machen und Unternehmen in ihrer Existenz zu stärken. 

Ich bin davon überzeugt, dass Agilität in Einzelfällen und in bestimmten Bereichen zum Erfolg führen kann. Gleichermaßen weiß ich aber auch, dass eine konsequent auf Agilität ausgerichtete Unternehmensstrategie langfristig scheitern wird. Diese Tatsache ist für mich gleichermaßen beunruhigend wie erleichternd. Sie ist beunruhigend, weil wir damit wiederum kein Werkzeug in der Hand haben, mit den Anforderungen der VUKA-Welt zurecht zu kommen. Die Abwesenheit dieser Lösung erhöht selbstverständlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich fundamentale Krisen, wie die Weltwirtschaftskrise 2008, wiederholen werden. Anzeichen dafür sind bereits omnipräsent. Gleichermaßen bin ich aber auch erleichtert darüber, dass 100%ige Agilität nicht funktionieren wird, weil das Scheitern von Agilität Unternehmen davor bewahren wird, jeglichen humanitären Gedanken außen vor zu lassen und ausschließlich effizienz- und kapitalorientiert zu agieren. (Mehr zum Thema Agilität ist keine Sozialromantik lesen Sie hier).

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Thomas Würzburger zeigt in der „Agilitätsfalle“ auf, welche Fehlannahmen und Fallstricke der Agilitätsbewegung zugrunde liegen und beschreibt zugleich die unerfreulichen Konsequenzen für den Menschen, wenn man Agilität zu Ende denkt. Er erzählt dabei aus seinem Erfahrungsschatz und zeigt authentisch Parallelen zwischen erlebten Eruptionen und aktuellen Disruptionen in unserer Wirtschaft.

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